44
Lehrstand. Zu ihm gehören: die Lehrer in den Volks-,
Bürger- und Gelehrtenschulen oder den Gymnasien, in den
Gewerbeschulen und auf den Hochschulen oder den Universitäten.
In den Volksschulen werden die Kinder vom 6. bis zum 14. Jahre
unterrichtet und erhalten diejenige Bildung, die keinem Menschen fehlen
sollte, um ein nützliches Mitglied in der Familie, in der bürgerlichen
und kirchlichen Gemeinde und im Staate zu werden — eine Bil-
dung, welche für jede höhere die Grundlage enthält. In den
Bürger- oder Realschulen wird diese Bildung für solche gestei-
gert, welche sich den höheren Gewerben, der Kaufmannschaft oder dem
Handel u. s. w. widmen wollen. Die Gymnasien werden von
denjenigen jungen Leuten besucht, die einst Beamte, Richter, Ärzte,
Geistliche u. s. w. werden wollen. Nach ihrer Entlastung von
dem Gymnasium besuchen diese die Universität und bereiten sich
hier für ihren bestimmten Beruf vor; sie heißen dann Studenten,
und ihre Lehrer heißen Professoren. Außer den genannten Unter-
richtsanstalten giebt es noch Seminarien für Geistliche und
Lehrer. Auch die Geistlichen gehören zum Lehrstande, denn sie
unterrichten nicht allein die Jugend in der Religion, sondern verkündigen
von der Kanzel herab, am Krankenbette u. s. w. auch den Erwachsenen
Gottes Wort, und spenden ihnen die Heilsmittel der Kirche. In Schule
und Kirche ist also der Lehrstand unablässig thätig, die Mitglieder des
Staates das Wahre vom Falschen — das Rechte vom Unrechten —
das Gute vom Bösen unterscheiden zu lehren: sie zu unterweisen in
ihren Pflichten gegen sich selbst, gegen ihren Nächsten und gegen
Gott, kurz sie durch Unterricht und Erziehung geistig tüchtig zu
machen, in ihrem Lebensberufe das erkannte Gute überall zu thun
und das Böse überall zu meiden. Dem preußischen Staate gebührt
der Ruhm, seit einer Reihe von Jahren durch Gründung muer Unter-
richtsanstalten, namentlich der Lehrer-Seminarien und durch die
Vermehrung der Volksschulen, so wie durch Einführung eines re-
gelmäßigen Schulbesuchs aller Kinder sehr viel gethan und edle,
menschenwürdige Bildung unter seinen Bewohnern verbreitet zu haben.
Aber trotz Kirche und Schule giebt es leider viele Menschen, die
nicht thun, was recht und gut ist, die gegen die Gesetze han-
deln, und Vergehen und Verbrechen verüben. Solche zu strafen
und unschädlich zu machen, und die guten Bürger in ihrem Leben,
ihrem Eigenthum und ihrer Ehre zu schützen, ist die Sache und die
Pflicht der Obrigkeit. — Ihre Mitglieder heißen im Allgemeinen
Beamte (Staatsbeamte), und diese sind wieder theils poli-
zeiliche, theils richterliche, theils verwaltende. Die Verwal-
tungsbeamten sind die Vorsteher des Staates, der Provinzen,
der Regierungsbezirke, der Kreise, der Gemeinden; sie haben die
bestehenden Gesetze zur Ausführung zu bringen, und über deren Beobach-
tung zu wachen. Die Polizeibeamten haben die Vergehen gegen
das Gesetz anzuzeigen, die Verbrecher zu verhaften und den Gerichten
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T46: [Universität Berlin Jahr Schule Wissenschaft Leipzig Professor Akademie Hochschule Gymnasium], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz]]
TM Hauptwörter (200): [T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T194: [Kirche Kloster Schule geistliche Gottesdienst Gemeinde Geistliche Leben Staat Priester], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T165: [Kunst Wissenschaft Handel Gewerbe Bildung Land Stadt Schule Zeit Volk], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat]]
5
welcher ein Kreis genannt wird. Wie der Gemeinderath und der
Bürgermeister für das Wohl der Gemeinde zu sorgen haben, so sind
auch in einem Kreise mehrere Personen dazu bestimmt, die Angelegen-
heiten des Kreises zu besorgen. So wie aber an der Spitze der Ge-
meindeverwaltung der Bürgermeister als höchster Beamte der Ge-
meinde steht, so steht an der Spitze der Kreisverwaltung als höchster
Beamte des Kreises: der Lündralh. Die Stadt, worin der Landrath
seine Amtsstube oder sein Verwaltungs-Büreau (spr. Büroh) hat,
heißt die Kreisstadt, und von ihr bekommt der Kreis seinen Namen*).
Wenn jedes Kind in der Schule und zu Hause thun könnte, was
es wollte, so würde es in der Schule und in der Familie oft sehr
schlimm hergehen. Darum müssen die Kinder ihren Eltern und ihren
Lehrern gehorsam sein. Aber wenn alle Leute thun könnten, was sie
wollten, dann würde es in jeder Gemeinde noch schlimmer hergehen.
Denn nicht alle Menschen denken und thun, was recht ist, sondern einige
fügen ihren Nächsten wohl oft Unrecht zu. Hiergegen müssen aber die
guten Menschen geschützt, und die, welche Böses thun, müssen bestraft
werden. Deswegen sind in jedem Kreise Personen dazu angestellt, welche
die vorkommenden Streitigkeiten in Güte auszugleichen oder durch
Urtheilsspruch nach den bestehenden Gesetzen zu beenden haben.
Diese Personen heißen Richter. Ein oder mehrere Richter, Gericht-
schreiber und noch andere Beamte bilden ein Gericht. Die Gerichte
befinden sich gewöhnlich in den bedeutendsten Städten des Kreises und
heißen Friedens- oder Kreisgerichte. Diejenigen Gemeinden, welche
zu demselben Gerichte gehören, bilden einen Gerichtsbezirk. — Wie in
der Gemeinde der Polizeidiener, so wachen in den Kreisen die Gens-
darmes (spr. Schangdarme) über die Befolgung der bestehenden Po-
lizeigesetze und zeigen die Uebertreter derselben dem Gerichte zur Be-
strafung an. Diese Strafen sind entweder Geld- oder Gefängniß-
strafen. Oft hören wir, daß Diebe, Betrüger und andere böse Menschen
in das Gefängniß gesetzt worden sind. Wer aber immer thut, was
recht ist, der braucht sich nicht zu fürchten, vor Gericht gebracht und —
gar in das Gefängniß gesetzt zu werden.
In welchem Kreise liegt unsere Gemeinde? — Wie heisst die Kreisstadt?
— Wie viele Gemeinden gehören zu unserm Kreise ? — Wie liegt die Kreis-
stadt von unserm Wohnorte? — Welche Gemeinden des Kreises liegen von
uns östlich? — Welche südlich? — Westlich? — Nördlich? — Südöstlich?
— Südwestlich? — Nordwestlich? — Nordöstlich? — Giebt es Flüsse in
unserm Kreise? — Wie heissen sie? — Nach welcher Himmelsgegend Messen
sie? — Wohin befindet sich also ihre Quelle? — Ihre Mündung? — Giebt
es Gebirge im Kreise? — Wie heissen sie? —
Zeichnet jetzt den Kreis ans die Schiefertafeln! —
Sie Gemeinden des heimathlichen Kreises, die Entfernung der Orte, ihre Lage vom
Wohnorte, die Landstraßen — und wo es deren giebt — die Flüsse und Gebirge des Kreises, so
wie die Grenzen desselben werden an der Schultafel veranschaulicht. Auch werden die Kinder
mit den wichtigsten Erwerbsquellen und andern Merkwürdigkeiten der übrigen Gemeinden des
Kreises, so wie mit dem Namen, der Größe und Einwohnerzahl des Kreises bekannt gemacht.
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T21: [Erde Sonne Tag Jahr Mond Zeit Stunde Punkt Abschnitt Periode]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit]]
TM Hauptwörter (200): [T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T47: [Karte Lage Länge Breite Größe Meile Linie Ort Grenze Höhe], T66: [Stadt Kreis Einw. Berlin Einwohner Schloß Regierungsbezirk Sitz Provinz Düsseldorf]]
208
schiffe aus, die die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz nahmen Die
Raubritter hatten nun üble Tage. Ihre Burgen wurden belagert,
zerstört, der Erde gleich gemacht, und die Galgen mit ihren Personen
geziert. Nicht bester erging es den Seeräubern; eine mächtige Flotte
lief gegen sie aus, suchte sie auf, vernichtete ihre Fahrzeuge, ersäufte
ihre Mannschaft. Bald erzitterte alles vor der deutschen Hansa, so
nannte man diesen Bund, denn in der Sprache jener Zeit hieß Hansa
so viel als Verbindung. Sogar der König von Dänemark, der
gefährlichste Feind der Städte Lübeck und Bremen, wurde gedemüthigt
und genöthigt, die Feindseligkeiten gegen sie einzustellen.
Als die andern norddeutschen Handelsstädte sahen, wie furchtbar
sich die Hansa gemacht hatte, und wie sicher sie ihren Handel trieb,
so traten viele von ihnen dem Bunde bei. Die ersten waren Braun-
schweig, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswalde, Kolberg,
Stettin, Stolpe, Anclam, in der Folge auch noch viel mehrere,
wie Berlin, Frankfurt an der Oder, Königsberg, Danzig,
Magdeburg, Köln rc., im Ganzen über sechszig Städte. Sie
hatten sich nun selbst vor den mächtigsten Feinden nicht mehr zu fürchten;
im Gegentheil, sie führten eine hohe, gebieterische.-Sprache gegen sie
und wußten ihren Worten Bedeutung zu geben. Wer sich nicht in der
Güte zur Ruhe fügte, der wurde schnell, oft schimpflich, dazu gezwungen.
Mit jedem Jahre verstärkte sich ihr Bund; zur Zeit seiner höchsten
Macht gehörten fünfundachtzig Städte zu demselben. Sie rüsteten
gemeinschaftlich eine Flotte von mehr als 200 Schiffen aus, hielten
ein furchtbares Land Heer, führten Kriege mit mächtigen Fürsten, er-
oberten ihre Städte und Länder, stießen Könige vom Thron. Der
schwedische König Magnus verlor durch die deutsche Hansa feine
Krone, und dem dänischen König Christoph wurde von einem
Danziger Bürgermeister der Krieg erklärt. Andere Städte und Länder
bemühten sich dagegen um die Freundschaft der deutschen Hansa und
räumten ihnen Schiffe, Waarenlager und Vorrechte ein. So kam bald
ihr Handel in den Niederlanden, in England, in den nordischen
Reichen, in Ost-Europa zum höchsten Flor.
Zu Lübeck wurden die Hansatage, das heißt die Bundesver-
sammlungen, gehalten, wobei sich alle Bundesstädte durch ihre Abge-
ordneten einfanden. Auch Gesandte oder • Geschäftsträger aus den be-
nachbarten Staaten erschienen dabei, wenn mit dem Bunde etwas zu
verhandeln war. Hier wurden alle -nöthigen Maßregeln, und Unter-
nehmungen verabredet, die Beiträge -zu den Kosten ausgeschrieben und
die Beschwerden eines jeden gehört und abgethan. Der Bund hielt
strenge Polizei unter seinen Gliedern. Hatte eine Stadt ihre Pflichten
nicht erfüllt, oder sich eines Frevels schuldig gemacht, so wurde sie
verhanset, das heißt aus dem Bunde ausgestoß'en, geächtet, für
eine Feindin aller anderen erklärt. Eine solche Strafe war immer
von furchtbaren Folgen, denn der geächteten Stadt wurden ihre Schiffe
weggenommen und ihr Handel zerstört.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T31: [Jahrhundert Schweden Norwegen Dänemark König Ende Jahr Anfang England Mitte], T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Extrahierte Personennamen: Stolpe König_Magnus Magnus Christoph
Extrahierte Ortsnamen: Bremen Rostock Wismar Stralsund Kolberg Stettin Berlin Frankfurt Königsberg Danzig Magdeburg Niederlanden England Ost-Europa
209
Drei hundert Jahre lang erhielt sich die deutsche Hansa auf dieser
Höhe ihrer Gewalt und ihres Ansehens. Als aber ihr Zweck erreicht,
das heißt die Sicherheit und Ausbreitung ihres Handels nach
Wunsch befördert war, trat wieder eine Stadt nach der andern von
dem Bunde ab; und so blieben am Ende nicht mehr, als die drei
Städte Hamburg, Lübeck und Bremen übrig, die auf dem letzten
Bundestage im Jahre 1630 ihren Verein erneuerten und bis auf diesen
Tag den-Namen der Hansastädte beibehalten haben.
Nach dem Aussterben des hohenstaufischen Kaisergeschlechts
(1254). war grosso Verwirrung in Deutschland. Denn von 1254 bis 1273
hatte Deutschland so gut als gar kein Oberhaupt, und deshalb hat man
diese Zeit das Interregnum oder das Zwischenreich genannt. Mord
wurde auf offener Strasse verübt; vorüberziehende Wanderer wurden beraubt;
blühende Dörfer und Städte eingeäschert, und kein Richter war zu finden,
der solchem Gräuel gewehrt hätte. Ein jeder suchte sich selbst zu helfen,
und die Rache war oft weit schrecklicher, als das verübte Verbrechen.
Diese böse Zeit, in der nicht das Recht, sondern die Gewalt — die
stärkste Faust — obsiegte, nennt man auch die Zeit des Fanstrechts. Solchem
Zustande wünschten die deutschen Fürsten ein Ende gesetzt. In dem
schweizerischen Grafen Rudolph Voil Habsburg, glaubte man den Mann
zu erkennen, den das Reich bedürfe, und man irrte sich nicht, als man ihn
zum deutschen Kaiser wählte; denn er war es, der durch seine Strenge
gegen die Raubritter Gesetz und Ordnung wieder herstellte und das Faust-
recht beschränkte.
19. Rudolph von Habsburg.
(1273-1291.)
Die kaiserlose Zeit war eine schreckliche Zeit gewesen für das
deutsche Reich. Da versammelten sich die deutschen Fürsten zur Kaiser-
wahl. Der Erzbischof Werner, von Mainz brachte den schweizeri-
schen Grafen Rudolph von Habsburg in Vorschlag, den er auf
einer Reise nach Rom kennen gelernt hatte. Rudolph bot ihm damals
freundlich Schutz und Begleitung durch die Schweiz an, und Werner
sprach beim Abschiede die Worte: „Edler Graf, könnte ich späterhin
den mir erwiesenen Dienst durch die That vergelten!" Jetzt war die
gelegene Zeit. —
Ein andermal war Rudolph auf die Jagd gegangen. Im Walde
begegnete er einem Priester, welcher zu einem Kranken wollte, um
ihm das heilige Abendmahl zu reichen. Der angeschwollene Bach
hatte aber den Steg weggerissen, und eben wollte der Priester das
Wasser durchwaten; da stieg Rudolph von seinem Pferde und half
dem Priester hinauf. Als dieser andern Tags dem Grafen das Pferd
zurückbrachte, schenkte es ihm Rudolph mit den Worten: „Verhüte
Gott, daß ich ferner das Pferd zum Jagen benutzen sollte, welches zu
so heiligem Dienste gebraucht worden ist; behalte es für dich zu ähn-
lichen Diensten!"
Dieser fromme und tapfere Graf wurde nun fast einstimmig er-
wählt, und herrlich hat er das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt.
Haesters' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. j
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]
Extrahierte Personennamen: Rudolph_Voil_Habsburg Rudolph_von_Habsburg Werner Rudolph_von_Habsburg Rudolph Werner Rudolph Rudolph Rudolph
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Deutschland Deutschland Mainz Rom
214
wir Mütter an unsern Brüsten Bettler säugen und den Ausländern
leibeigene Mägde erziehen? Das sei ferne!"
Darauf ging schweigend der Werner Stauffacher hinab zum
Orte Brunnen an: Vierwaldstädtersee und fuhr über das Waffer nach
Uri zum Walther Fürst in Attinghausen. Bei demselben fand er
verborgen den Heinrich von Melchthal, welcher vor dem Grimm
des Landenberg über das Gebirg entwichen war.
Und sie redeten von der Noth des Landes und dem Gräuel der
ausländischen Vögte. Auch gedachten sie, wie sie gegen die Bosheit
dieser schweizerischen Vögte vergebens geklagt hätten vor dem Könige.
Sie meinten, der Tod sei viel leichter, als so schmähliches Joch.
Darum beschlossen sie, jeder solle in seinem Lande mit vertrauten, herz-
haften Männern sprechen und erforschen, weß Sinnes das Volk sei.
Nach diesem kamen sie oft in verabredeten nächtlichen Stunden
zusammen an einem geheimen Orte am See. Dieser Versammlungsort
lag fast mitten inne zwischen Uri, Unterwalden und Schwyz,
auf einer schmalen, umbüschten Wiese, am Fuße der Felsen des Seelis-
berges, gegenüber dem Dörflein Brunnen. Man heißt ihn vom aus-
gerotteten Gestrüpp das Rütli; da waren sie von Menschen und Woh-
nungen weit. Bald brachte jeglicher frohe Botschaft mit: allem Volke
sei viel leichter der Tod, als das schmähliche Joch.
Wie sie aber im November des Jahres 1307 zusammen kamen,
und ijeder von den Dreien mit sich zur Matte auf Rütli zehn treue
Ehrenmänner geführt hatte, entschlossen, die alte Landesfreiheit über
Alles, das Leben für nichts zü achten, erhoben die frommen Drei ihre
Hände zum gestirnten Himmel und schwuren zu Gott dem Herrn: in
Treue für die Rechte des unschuldigen Volkes zu leben und zu sterben,
Alles gemeinschaftlich, nichts eigenmächtig zu wagen und zu tragen, kein
Unrecht zu dulden, aber auch kein Unrecht zu thun, des Grafen von
Habsburg Recht und Eigenthum zu ehren und keinem der Königsvögte
Übles zuzufügen, aber auch den Vögten zu wehren, das Land zu ver-
derben. Und die dreißig andern Schweizer streckten auch die Hände auf
und thaten den Eid, wie jene, zu Gott, die Freiheit mannhaft zu be-
haupten. Und sie wählten die Neujahrsnacht zum Werk. Dann
gingen sie auseinander, jeder in sein Thal zu seiner Hütte und win-
terten das Vieh.
Dem Vogt Hermann Geßler ward nicht wohl, denn er hatte
ein böses Gewissen. Es dünkte ihn, als wenn das Volk muthiger
einherginge und trotziger aussähe. Darum ließ er den herzoglichen
Hut von Oesterreich erhöhen auf einer Stange in Uri, und befahl,
wer vorübergehe, solle demselben Ehrerbietung erweisen. Daran wollte
er erkennen, wer wider Oesterreich sei.
Und Wilhelm Tell, der Schütz aus Bürglen, einer von den
Männern auf dem Rütli, ging vorüber; aber er beugte sich nicht.
Alsbald führten sie ihn gefangen zum Vogt, und dieser sprach ergrimmt:
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann]]
TM Hauptwörter (200): [T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T68: [Schweiz Zürich Kanton Bern See Stadt Genf Basel Schweizer Schwyz], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit]]
Extrahierte Personennamen: Werner_Stauffacher Heinrich_von_Melchthal Heinrich Habsburg Hermann_Geßler Wilhelm
218
beit und richteten unter kaiserlichem Ansehen. Von Westphalen aus
hatten sie sich über ganz Deutschland verbreitet.
Hatte jemand einen Raub oder Mord, oder sonst ein Ver-
brechen begangen, so hatte er Ursach genug, vor dem furchtbaren
Richterstuhle der Wissenden zu zittern, selbst wenn er vor seinem ordent-
lichen Richter der Strafe schon entgangen war. Er wurde alsdann
von einem der Freischöppen vor dem heimlichen Gerichte angegeben,
und wenn dieser mit einem Eide erhärtete, daß das Verbrechen wirklich
von ihm begangen sei, wurde der Angeklagte zur Verantwortung auf-
gefordert. Die Vorladung geschah aber nicht öffentlich, sondern einer
von den Freifrohnen schlich sich des Nachts ungesehen an die Mauern
des Schlosses oder des Hauses, wo der Angegebene wohnte, und schlug
die Ladung an die Thüre an. Dieser mußte sich dann an einem be-
stimmten Tage an einem gewissen Orte einfinden, der ihm angegeben
ward. Hier wartete seiner schon ein Abgeordneter der heiligen Fehme,
der ihn mit verbundenen Augen an den geheimen Ort führte, wo die
Richter versammelt waren. Gemeiniglich hielten sie ihre Sitzungen bei
Nacht in einem dicken Walde, oder in einer Höhle, oder in einem
unterirdischen Gewölbe. Hier saßen sie vermummt bei schwachem Lichte
in schauerlichem Halbdunkel, und tiefe Stille herrschte unter ihnen und
rings um sie her. Der Freigraf allein erhob seine Stimme, hielt dem
Vorgeladenen das Verbrechen vor, dessen er angeklagt war, und forderte
ihn auf, sich zu vertheidigen. Konnte er sich befriedigend verantworten,
so wurde er freigesprochen und eben so geheimnißvoll, als er gekommen
war, wieder weggeführt. Wurde er aber seiner Schuld überwiesen, so
wurde er zum Tode verurtheilt und noch in derselben Stunde, nachdem
man ihm Zeit gelassen, seine Seele in einem kurzen Gebete Gott zu
empfehlen, mit einem Dolche niedergestoßen oder an einen Baum auf-
geknüpft. Gemeiniglich mußte der jüngste Schöppe das Henkeramt ver-
richten, und alles wurde so geheim gehallen, daß niemand erfuhr, wer
der Henker gewesen sei.
Stellte sich der Angeklagte nicht auf das erste Mal, so wurde die
Vorladung noch zweimal wiederholt. Blieb er auch das dritte Mal
aus, so erfolgte die Verurtheilung, und einige von den Freischöppen
erhielten den Auftrag, den Spruch der Richter an ihm zu vollziehen.
Von nun an wurde er von unsichtbaren Händen verfolgt bis an seinen
Tod. Traf ihn einer von den Schöppen an einem einsamen Orte, so
stieß er ihm ohne Umstände ein Messer in die Brust, oder knüpfte ihn,
von einigen seiner Gesellen unterstützt, an den nächsten Baum auf Das
blutige Mordgewehr aber wurde neben den Leichnam des Getödteten
gelegt oder in die Erde gesteckt, zum Zeichen, daß er nicht unter die
Hände eines gemeinen Mörders, sondern, von der heiligen Fehme ver-
urtheilt, durch die Hand eines Wissenden gefallen sei.
Die Sitzungen der heiligen Fehme wurden aber nicht immer heim-
lich, sie wurden auch öffentlich gehalten, doch immer erschienen die
Wissenden vermummt. Um Mitternacht versammellen sie sich auf dem
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T125: [Haus Stein Fenster Dach Holz Stroh Winter Erde Wand Wohnung], T143: [Stadt Kind Tag Haus Straße Mann Mensch Weiber Nacht Soldat], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift]]
428
ist Gott; denn er ist nicht geworden. Das Schönste ist die Welt; denn
sie ist Gottes Werk. Das Größte ist der Raum; denn er faßt alles
tn sich. Das Schnellste ist der Gedanke; denn er springt überall hin.
Das Gewaltigste ist das Schicksal; denn es bringt alles unter sich.
Das Gescheiteste ist die Zeit; denn sie entdeckt alles."
Solon fand bei seiner Heimkehr Stadt und Land in einer großen
Verwirrung. Die Reichen hatten das arme Volk ganz in ihrer Ge-
walt. Wenn die Armen die Zinsen nicht bezahlen konnten, so wurden
sie zu Sklaven gemacht oder verkauft. Die Reichen waren Richter und
richteten nach Willkür. An die Stelle der Könige waren Archonten
getreten, und zu einem solchen wählte man Solon. Als Regent des
Staates sollte er neue Gesetze geben. Da die Verschuldung der meisten
Bürger von Athen das größte Übel war, woran das Gemeinwesen litt,
so suchte er die Schuldforderungen zu ermäßigen. Die bisherigen von
Drako herrührenden Gesetze, welche auf alle Vergehungen ohne Unter-
schied Tod oder Verbannung setzten, waren wegen ihrer allzugroßen
Strenge unbrauchbar. Solon milderte diese Gesetze und suchte das Volk
zur Menschlichkeit zu gewöhnen. So verordnete er: wer in einem Tem-
pel Schutz suche, der solle da unangefochten bleiben; von Todten solle
man nichts Übeles reden; Fremdlinge solle man nicht beleidigen, son-
dern gastlich aufnehmen; Verirrten den Weg zeigen; die Sklaven solle
man menschlicher behandeln; wer im Kriege verstümmelt worden sei, der
solle auf Kosten des Staates erhalten werden.
Was die Verfassung betrifft, so übertrug er der Volksversammlung
das Recht, Krieg und Frieden zu beschließen, Bündnisse einzugehen, die
Staatsbeamten zu erwählen und Gesetze zu geben und aufzuheben. Das
ganze Volk theilte er nach dem Vermögen in vier Klassen. Die vierte
Klasse, welche alle ganz unbemittelte Bürger umfaßte, hatte zwar Theil
an der Volksversammlung, konnte aber keine Staatsämter bekleiden, was
auch schon darum unmöglich gewesen wäre, weil die Ämter keine Ein-
künfte gewährten. Die neun Archonten, als höchste obrigkeitliche Per-
sonen, welche die obere Leitung des Krieges, Gottesdienstes und des
Gerichtswesens hatten, beschränkte Solon durch den Rath der 400 (Senat),
der jedes Jahr aus ganz unbescholtenen Bürgern neu gewählt wurde.
Die größte Gewall lag in den Händen des obersten Gerichtshofes, wel-
cher Areopag genannt wurde und aus den erfahrensten und redlichsten
Männern zusammengesetzt war. Die Archonten wurden nach Ablauf
ihres Regierungsjahres in denselben aufgenommen. Der Areopag war
der Hauptpfeiler, auf welchen die Verfassung sich stützte, denn er forderte
Rechenschaft von den Archonten über ihre Amtsführung, führte die Auf-
sicht über die öffentlichen Sitten, unterwarf die Volksbeschlüsse einer noch-
maligen Prüfung und konnte dieselben billigen oder verwerfen. Seine
gerichtlichen Sitzungen, in welchen er ohne weitere Berufung über Leben
und Tod entschied, hielt er bei Nacht und ohne Licht. Die Abstimmung
geschah durch Scherben, welche man entweder in die Urne des Todes
oder in die der Erbarmung warf. Die strenge Gerechtigkeit dieses
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T63: [Jahr Senat Plebejer Gesetz Volk Recht Staat Bürger Gewalt Rom], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T22: [Athen Athener Sparta Solon Spartaner Staat Jahr Stadt Krieg Mann], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
45
zu überliefern. Die richterlichen Beamten haben den eines Ver-
gehens Angeklagten in Untersuchung zu nehmen und nach Befund
freizusprechen oder zu verurtheilen. Schwerere Vergehen aber, Ver-
brechen, werden unter dem Vorsitze königlicher Richter vor Schwur-
gerichten verhandelt, welche aus unbescholtenen Bürgern bestehen, die
Geschworene genannt werden. Die Geschworenen haben nach Fest-
stellung des Thatbestandes über den eines Verbrechens Angeklagten
ihr „Schuldig oder Nicht schuldig" auszusprechen, worauf alsdann
die richterliche Verurtheilung oder Freisprechung erfolgt. Zurauf-
bewahrung der verurtheilten Verbrecher dienen die Zuchthäuser. —
Die Obrigkeit im Staate soll dem Unrecht, dem Bösen, wehren
und bildet daher den Wehrstand im weitern Sinne; aber der Wehr-
stand im eigentlichen Sinne ist die bewaffnete Macht, das
Militair, die Armee oder das Kriegsheer, welches aus dem
stehenden Heere und aus der Landwehr besteht. Jeder wehr-
hafte Preuße gehört 7 Jahre lang, in der Regel vom vollendeten
20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, zum stehenden Heere —
und zwar die ersten 3 Jahre bei den Fahnen, die letzten 4 Jahre
in der Reserve — und die folgenden 5 Lebensjahre zur Landwehr.
Die Kriegs-Marine (Kriegsflotte) in der Nord- und Ostsee ist
dazu bestimmt, die Gewässer und Küsten, sowie den Seehandel
zu schützen. Der Kieler Hafen und der Jahdebusen sind zu
Kriegshäfen bestimmt. Die gesammte Land- und Seemacht ist
dazu da, den Staat gegen Angriffe äußerer Feinde, sowie
gegen Aufruhr und Empörung im Innern zu schützen.
6. Ihrer Religion nach sind die Bewohner des preußischen Staates
Christen; doch leben zerstreut unter diesen auch etwa 314,000 Juden.
Die Christen unterscheiden sich nach dem Bekenntnisse ihrer
Religion in Evangelische und Katholiken. Die Mehrzahl, fast
2/3 der Bevölkerung, bekennt sich zur evangelischen, und y3 zur
katholischen Religion. Die Rheinprovinz, Westphalen,
Schlesien und die Provinz Posen sind überwiegend von Katho-
liken, dagegen die Provinzen Sachsen, Hessen-Nassau, Han-
nover, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Pommern und
Preußen" vorherrschend von Evangelischen bewohnt. Juden
wohnen in allen Provinzen, die meisten aber in der Provinz Posen.
7. An der Spitze des preußischen Staates und der gesammtcn
Verwaltung desselben steht als Regent, Fürst oder Landesherr
der König von Preußen: Wilhelm I. Da der König seinen Sitz
oder seine Residenz in Berlin hat, so ist diese Stadt die Haupt-
oder Residenzstadt des Staates. — Aus dem bisher Gesagten ist
leicht einzusehen, welch eine große bürgerliche Gesellschaft ein Staat
ist, und daß ein solcher unmöglich von einem Einzelnen, dem Könige
allein, verwaltet werden kann: und eben deswegen sind die im Vor-
hergehenden genannten Veranstaltungen und Beamten des
Staates nöthig, die alle ihre Amtsgewalt im Namen des Königs aus-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Sachsen Hessen-Nassau Schleswig-Holstein Brandenburg Pommern Posen Berlin
186
der Volksversammlung von den edelsten des Stammes wehrhaft
gemacht und durften von nun an ihre Kraft an den Feinden beweisen.
Das Mädchen lernte Sitte und Zucht von der treuen Mutter, und die
Jungftau gab nur dem Tapfersten ihr Herz. Dusch die Heirath be-
gründete der Jüngling, der bis dahin unter der Vormundschaft des
Vaters gestanden hatte, sein eigenes Hauswesen. Auf die Verwandten
hielt man sehr viel, denn eine ausgebreitete Verwandtschaft hatte hohen
Werth und verschönerte das Alter.
Die liebste Beschäftigung der Deutschen war der Krieg. War in
der Volksversammlung ein Krieg beschlossen, so wählte man den Tapfer-
sten zum Führer, hob ihn jauchzend auf den Schild und begrüßte ihn
als Herzog. Dieser ließ dann das Aufgebot an alle freien Männer
ergehen, die sich dann nach ihren Geschlechtern, Gemeinden und
Gauen ordneten. Das war der deutsche Heerbann. Auf Wagen
folgten ihm oft die Frauen mit den Kindern nach, um von der Wagen-
burg herab den Kämpfenden Muth zuzurufen und die Verwundeten zu
pflegen. Ihren Führer verließen die Deutschen nicht, und einer suchte
es an Tapferkeit dem andern zuvorzuthun.
Währte den deutschen Helden die Ruhe des Friedens zu lange, so
berief auch wohl einer der Angesehensten des Stammes seine Waffen-
brüder, daß sie mit ihm auf Abenteuer auszögen, auf Sieg, Ruhm
und Beute. Da fanden sich denn viele, , welche gelobten, sein Geleite
und ihm getreu in Noth und Tod zu sein. Ewige Schande traf dann
den, der seinen Herzog verließ. Ja, die Deutschen waren im Kriege
so zuverlässig und treu, daß späterhin die Römer sie gern zu Söld-
nern nahmen. Die Waffen, welche beim Kriege in einem großen
Schilde von Brettern oder Baumrinden, aus Lanzen, Spießen,
Schwertern, Keulen, Streitäxten, auch wohl aus Pfeilen und
Steinen bestanden, waren der köstlichste Schmuck des freien Mannes;
nicht nur im Kampfe, sondern bet allen feierlichen Gelegenheiten trug
er dieselben; der Schwur wurde nur auf sie geleistet; sie begleiteten
ihn in die Volksversammlung, zum Schmause, ja selbst zum Tode. Der
Tod auf dem Schlachtfelde war für die alten Deutschen der ehren-
vollste; eines natürlichen Todes sterben war für sie ein beklagens-
werthes Schicksal. Merkte man das Herannahen der Sterbestunde, so
ließ man sich noch die Rüstung anlegen, um mit derselben ins andere
Leben hinüberzugehen. Die Leichname wurden gewöhnlich mit den Waf-
fen, auch wohl mit dem Leibrosse verbrannt, die Asche in Urnen gesam-
melt und an stille Orte beigesetzt, wo einfache Rasenhügel die Ruhestätte
der Helden bezeichneten.
Dieses kräftige, unverdorbene Volk war reich an mancherlei Tu-
genden. Es war treu, redlich, bieder, offen und wahrheits-
liebend. Was man versprach, das hielt man unverbrüchlich fest; einem
deutschen Worte konnte man vertrauen, und ein deutscher Hand-
schlag ist ja sprüchwörtlich geworden. Während bet den übrigen
alten Völkern, neben der Tapferkeit, List eine Hauptsache im Kriege
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T111: [Kind Mutter Vater Eltern Frau Jahr Knabe Schule Haus Mann], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch]]
188
mußten in jeder wichtigen Angelegenheit die Volksversammlung be-
fragen. Diese wurde von den Freien und Edlen unter heiligen Bäumen
gehalten; in ihr wurde des Volkes Wohl berathen, über Krieg und
Frieden Beschlüsse gefaßt. Waffengeklirr verkündigte hier den Bei-
fall, Murren das Gegentheil. War aber ein Beschluß zu Stande
gekommen, so unterwarf sich demselben jeder Einzelne ohne Widerstand.
Auch Gericht wurde unter fteiem Himmel gehalten. Jeder trug
seine Klage oder seine Vertheidigung selbst vor, Beweise wurden durch
Zeugen geführt. Geschriebene Gesetze hatte man noch nicht. Das ganze
Volk nahm Theil am Rechtsspruche, indem es aus seiner Mitte beson-
dere Männer erwählte, welche das Urtheil nach Brauch und Herkommen
sprachen. Leibes- und Lebensstrafen wurden für gewöhnlich nicht
vollstreckt, weil man sie für kalte Ausbrüche roher Erbitterung hielt.
Die Strafen bestanden meist in dem sogenannten Wehrgelde, welches
dem Verletzten oder dessen nächsten Angehörigen, auch wohl dem Volke
zukam, und wodurch, höher oder niedriger, alle Vergehungen gebüßt
werden konnten. Beleidigungen an und von Vornehmen wurden höher
gestraft als bei Geringeren, Vergehungen gegen Frauen am härtesten;
denn diese standen in hoher Achtung bei den Deutschen und wurden
daher eben so sehr geschätzt als geehrt. Priester sorgten im Ramm
der Götter für die Ausführung der Rechtsurtheile, oder vollstreckten
die Strafen selbst, die für Vergehungen im Kriege auch aus Leibes-
und Lebens strafen bestehen dursten.
Von dem wahren Gott wußten die Deutschen nichts; sie ver-
ehrten die Sonne, den Mond und das Feuer als die Wohlthäter
des menschlichen Geschlechts. Außerdem hatten sie noch viele andere
Götter, unter denen Odin oder Wodan, auch wohl Krodo, d. i.
der Große, genannt, der Allvater der Götter und Menschen, der
vornehmste war. Er leitete durch seine Allmacht die Welt, kannte die
Thaten der Menschen und gab aus seiner Fülle Weisheit und Reich-
thum den Sterblichen, und den edel gefallenen Helden in Walhalla's
Hainen den Lohn ihrer Tapferkeit. Seine Gemahlin war Freya, die
von Lichtglanz umflossene Beglückerin der Menschen. Thor, Odin's
Sohn hatte Donner, Blitz, Wind und Wetter in seiner Gewalt,
und Hertha, das Sinnbild der fruchtbaren Erde, war die liebende,
nährende und pflegende Mutter der Menschen. Außer diesen gab es
noch eine Menge anderer, höherer und niederer Götter, auch Zwischen-
mächte, als Elfen, Nixen, Kobolde, Riesen, Zwerge u. s. w.
Die Deutschen verehrten ihre Götter, denen man viele, nicht selten frei-
lich mit Menschenopfern verbundene Feste feierte, nicht in Tempeln, sondern
in heittgen Eichenhainen, auf über das Irdische scheinbar erhabenen
Bergen und Felsen, auch wohl an heiligen Quellen und an den
Gräbern der Verstorbenen. Sie glaubten an ein ewiges Leben
nach dem Tode in Walhalla, wo die trefflichen Helden in Gemein-
schaft mit den Göttern, angethan mit ihrem Waffenschmuck, Bier aus
großen Hörnern oder aus den Hirnschalen erschlagener Feinde trinken,
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern]]
TM Hauptwörter (100): [T22: [Gott Zeus Sohn Tempel Göttin König Held Mensch Opfer Erde], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T120: [Gott Göttin Zeus Tempel Sohn Gottheit Priester Erde Mensch Opfer], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T179: [Gott Mensch Wort Welt Erde Glaube Herr Sünde Himmel Satz]]